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Presse
Ansprache bei Einweihung der Gedenktafel zur Erinnerung an das ehemalige KZ in Guben
am 27. April 2017 in Gubin

Sehr geehrte Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,





Vor einiger Zeit wandte ich mich mit einem Brief an den Geschäftsführer des Gubener Wasser- und Abwasserzweckverbandes, Herrn Feige.

Darin schrieb ich u.a.:



„Sehr geehrter Herr Feige,

jüngst wurde in den Medien breit über einen der letzten großen Prozesse gegen einen ehemaligen SS-Mann berichtet. Bei diesem Prozess sagte auch die KZ-Überlebende Susan Polack aus. Frau Polack kam 1944 aus Ungarn nach Auschwitz und von dort nach Guben in das sogenannte „Gemeinschaftslager Koenigpark“, in dem sich bereits französische und italienische Kriegsgefangene befanden.



Hier musste sie und ihre Leidensgefährtinnen Zwangsarbeit für ein Zweigwerk der Lorenz AG, das damals in der Uferstraße, im jetzigen Gebäude des Plasti-nators Gunther von Hagens untergebracht war, arbeiten. Anfang Februar 1945 wurde das Lager wegen der näher rückenden Front aufgelöst und die Insassen auf den Todesmarsch nach Bergen-Belsen geschickt.



Das „Gemeinschaftslager Koenigpark“ befand sich zumindest teilweise auf dem Gelände, auf dem 1998 die gemeinsame Deutsch-Polnische Abwasseraufberei-tungsanlage entstand.



Aus diesem Grund bitte ich Sie um ein Gespräch, um auf diese Weise der Errichtung einer angemessenen Erinnerungsstätte an dieses KZ-Außenlager von Groß Rosen am authentischen Ort näher zu kommen!“ …



Heute nun ist der Tag gekommen, an dem wir der Öffentlichkeit eine Informationstafel übergeben, die an das Lager erinnert. Dafür bin ich Ihnen, Herr Feige sowie ihren polnischen Kollegen, überaus dankbar und ebenso danke ich den beiden Bürgermeistern dafür, dass sie Zeit gefunden haben, um daran teilzunehmen und ihnen allen für ihre Anwesenheit! Danken möchte ich zudem der evangelischen Kirchengemeinde Guben und Region, die zur Finanzierung der Informationstafel beitrug.



Bei meinen Forschungen zu diesem Lager lernte ich Überlebende in Schweden kennen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich der Künstlerin Lenke Rothman 1997 in ihrem Atelier in Stockholm gegenüber saß und mich mit meinen knappen Englisch-Kenntnissen mühte, mich vorzustellen und ihr die Beweggründe für meinen Besuch darzulegen. Sie hörte mir aufmerksam zu und sah mich mit ruhigen Augen aufmerksam an. Nach einer Weile sagte sie: „Sprechen Sie doch Deutsch, das ist sicher leichter für Sie!“



1999 schickte Sie mir als Weihnachtsgeschenk ein Bild. Dieses Blumenmotiv schmückt jetzt diese Erinnerungstafel, die in polnischer, englischer und deutscher Sprache kurz über das Lager informiert. In meinen Beitrag im „Jahrbuch für Gubener Geschichte 2011/2012“ erfahren Sie mehr.



Kürzlich wurde der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau vor 72 Jahren gedacht. Dachau war ein großes Konzentrationslager, das bekannt ist. Das „Gemeinschaftslager Koenigpark“ kennt kaum jemand. Oft hörte ich in Bezug darauf: „Das wusste ich ja gar nicht!“ Es wäre gut, wenn sich das mit dem heutigen Tage etwas ändert.



Dieser Tag zur Einweihung der Erinnerungstafel wurde ganz bewusst gewählt, weil die Insassen nach Auflösung des Lagers Anfang Februar 1945 auf den Todesmarsch nach Bergen-Belsen gebracht wurden. Dort kam auch Anne Frank im März 1945 um – nur wenige Wochen bevor britische Soldaten das Lager am 15. April 1945 befreiten.



Die Zustände, die sie dort antrafen sind unbeschreiblich und trotzdem überlebten auch ehemalige Gubener Häftlinge diese Hölle. Die zu schwach oder krank waren, den Marsch aus Guben anzutreten, wurden hier kaltblütig ermordet. Ein italienischer Kriegsgefangener hielt das in seinem Tagebuch fest. Dieses Verbrechen wird wohl leider nie gesühnt werden. Doch sollten wir wenigstens wissen, was hier passiert ist! Das ist jetzt durch diese Informations-tafel allen möglich.



Indem wir uns der Geschichte unserer Stadt widmen, schaffen wir gleichzeitig etwas für ihre Zukunft. Das scheint paradox, doch geben wir mit dem, was wir heute unternehmen, künftigen Generationen und auch Besuchern unserer Stadt einen Hinweis darauf, welche Erinnerungen wir für bewahrenswert erachten. Dieser Ort zählt nun mit dazu.



Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Andreas Peter

2017.04.27

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