Seit im Juli 2006 erstmals der Roman „Die Hutmacher“ als Buch erschien, erfreuten sich zahlreiche Leser an der wechselvollen Geschichte der Gubener Hutmacherfamilie um Carl Gottlob Wilke. Die Frage nach der Autorin Elsa Schuder blieb indes offen und meine Formulierung aus dem Nachwort, dass es sich dabei um eine Enkeltochter von Theodor Wilke handeln könnte, eine Vermutung.
Doch jetzt löste sich dieses Rätsel auf wunderbare Weise, denn durch Vermittlung eines Verlagskollegen fand ich die Tochter von Elsa Schuder. Kürzlich besuchte ich sie und erhielt dabei überaus interessante Informationen, die vor allem die Geschichte der Familie des Gubener Hutfabrikanten Carl Gottlob Wilke betreffen. Dieser hatte drei Söhne: Wilhelm, Theodor und Friedrich. Letzterer übernahm schließlich nach dem Tode des Vaters die Hutfabrik und führte sie zu Weltruhm. Wilhelm verstarb früh an einer schweren Krankheit.
Theodor schied aus der Firma aus und führte ein Leben, das er fortan den schönen Künsten widmete. Aus der 1864 geschlossenen Ehe mit seiner aus Hamburg stammenden Frau Emma, geborene Witte, gingen ein Sohn und eine Tochter hervor. Der Sohn Theodor starb jedoch am 23. August 1917. Ihre Tochter Emma heiratete einen Rechtsanwalt Rieck. Gemeinsam wohnten sie in Jena. Aus dieser Ehe gingen wiederum zwei Kinder hervor. Ihre Tochter Elisabeth, genannt Elsa, wurde 1894 in Berlin geboren. Sie heiratete später einen Herrn Schuder und ist die Autorin des Familienromans „Die Hutmacher“. Sie starb am 1. Dezember 1987 und fand ihre letzte Ruhestätte in Berlin.
All dies erfahre ich aus dem Munde ihrer Tochter, der 1928 in Jena geborenen Rosemarie Schuder. Sie dürfte vielen noch als eine der produktivsten Schriftstellerinnen der DDR bekannt sein. Widmete sie sich lange Zeit sehr erfolgreich historischen Romanen, so kam seit Ende der1980er Jahre die Beschäftigung mit der jüdischen Geschichte in Deutschland als entscheidendes Betätigungsfeld hinzu. Gemeinsam mit ihrem Mann Rudolf Hirsch erarbeitete sie den voluminösen Band „Der gelbe Fleck“, der 1988 erschien und damals großes Aufsehen erregte. Über den Tod ihres Mannes hinaus arbeitet sie bis heute an diesem Thema weiter. So erschien jüngst ihr neues Buch „Der Fremdling aus dem Osten“, worin es um den politischen Gegenspieler Bismarcks, Eduard Lasker geht.
Als ich nach fünfstündigem Gespräch die Heimreise antrete, weiß ich gar nicht, worüber ich mich zuerst freuen soll: darüber, dass ich endlich weiß, wer sich hinter der kürzlich noch unbekannten Autorin Elsa Schuder verbirgt, oder darüber dass ich soeben Rosemarie Schuder, eine der viel gelesenen ostdeutschen Schriftstellerinnen kennen lernen konnte, die zugleich eine Urenkelin des Gubener Hutfabrikanten Theodor Wilke ist? Am meisten freue ich mich aber doch darüber, dass viele Gubener meine Freude werden teilen können, denn Rosemarie Schuder hat mir ihre Teilnahme an der 3. Niederlausitzer Buchwoche im April kommenden Jahres zugesagt. |